Mehr Sicherheit für Versicherte?

Die Digitalisierung wird die Versicherung noch effizienter machen. Was bedeutet das in der Praxis?
Illustration: Dominika Kowalska
Illustration: Dominika Kowalska
Eike Schulze Redaktion

Wer träumt nicht davon, dass einem bei einem Autounfall die wichtigsten Dinge abgenommen werden? Bei der HDI-Versicherung soll dies bald möglich werden: Auf der jüngsten Konferenz der Versicherer „Inscom“ präsentierte das Unternehmen die „Schadenaufnahme 4.0“. Zentrales Element ist ein so genannter Dongle, der im Fahrzeug verbaut wird und bei einem Unfall Kontakt mit der Versicherung aufnimmt. Daraufhin ruft der Versicherer auf dem Handy des Kunden an und erkundigt sich nach seinem Zustand. Der Unfall wird dann von einer Kameradrohne des Versicherers dokumentiert. Zudem sieht das Angebot die Bestellung eines Abschleppwagens und eines Taxis für den Verunfallten vor. Das System befindet sich derzeit noch in der Erprobung.

Die Entwicklung dieser Art der innovativen Kundenkommunikation steht aber ganz oben auf der Agenda der Versicherer, die dazu eigens so genannte Thinktanks ins Leben gerufen haben. Die Talanx-Gruppe hat einen Thinktank, die Allianz auch, und bei der AXA ist es das „Transactional Team“, das neue Ideen auf den Markt bringt. Hierbei handelt es sich in der Regel um Maßnahmen zur Effizienzverbesserung.

Die AXA lanciert Apps wie zum Beispiel Wayguard.de. Dies ist ein virtueller Begleiter, bei dem der Kontakt zu einer Person oder einer Hotline über eine vorher definierte Wegstrecke gehalten wird. Zunächst als Schutz für Frauen gedacht,
ist der Service nun auch für Kinder verfügbar, die ohne Eltern von A nach B wollen. Innerhalb eines Monats wurde die App bereits 14.000 Mal heruntergeladen. Auch kleinere Versicherer wie die Versicherungskammer Bayern VKB spielen in der Liga der Innovationstreiber mit. Die VKB setzt auf die selbstlernende IBM-Software „Watson“. Das Programm soll lernen, aus E-Mails oder Briefen Kritik oder Wünsche herauszulesen. Sogar Ironie soll Watson durch seine kognitiven Fähigkeiten erkennen. Seit Anfang 2017 unterstützt es Mitarbeiter der VKB bei der Arbeit und soll so zu einer beschleunigten Reaktion seitens des Versicherers führen.

Ein weiteres Verfahren, das inzwischen vielfältig eingesetzt wird, heißt „Predictive Analytics“. Es handelt sich um ein Verfahren, das riesige Datenmengen (Big Data) aus ganz verschiedenen Bereichen auswertet, um zu ermitteln, mit welcher Wahrscheinlichkeit bestimmte Ereignisse eintreten. Ein wichtiges Einsatzgebiet ist die Schadenermittlung. So hat etwa die Talanx-Gruppe einen digitalen Atlas für Naturkatastrophen erstellt, der Daten von Wetterstationen verknüpft und so eine Risikoabschätzung bestimmter Regionen ermöglicht. Das System schätzt fortlaufend die Risikoentwicklung ein, die so mit den Zeichnungskapazitäten der Rückversicherung abgeglichen werden kann.

Ein anderer Ansatz ist es, die zukünftigen Bedürfnisse von Kunden zu ermitteln. Zum Beispiel stellen sich Versicherungen die Frage, wie viele Versicherte nach Auszahlung ihrer Lebensversicherung diese weiter zur Geldanlage nutzen. An bestimmten Parametern lassen sich solche Kundenentscheidungen feststellen. Dies ermöglicht in Zukunft zum einen eine gezieltere Kundenansprache, zum anderen weiß das Programm schon vorher, wann der Berater bei seinem Kunden mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen Erfolg haben wird. 

Nächster Artikel